englishE9N - ENSEMBLE 9. NOVEMBER

WIEDERAUFNAHME
Mittwoch 9. Oktober
2013

"Szenen eines Kulturvolkes"
über das Frauenorchester im Konzentrationslager Auschwitz.





Fotos: Lucia Makelis

ALLE
AUFFÜHRUNGEN:


OKTOBER 2013

Mittwoch, 9. Oktober, 20:00 Uhr
Donnerstag, 10. Oktober, 20:00 Uhr
Freitag, 11. Oktober, 20:00 Uhr
Samstag, 12. Oktober, 20:00 Uhr

Naxoshalle
Tel. Reservierungen
069 43054734
Wittelsbacherallee 29
60316 Frankfurt
http://www.theater-willypraml.de/

Dezember 2013

Dienstag, 3. Dezember, 20:00 Uhr
Mittwoch, 4. Dezember, 20:00 Uhr

Gallus Theater
Tel. Reservierungen
069 75 80 60 20
Kleyerstraße 15
60326 Frankfurt
http://www.gallustheater.de





Ein Szenisches Oratorium
für 8 Frauen, 1 Orchester und 1 Mezzosopran.





PRESSESPIEGEL

Frankfurter Rundschau Nr 233, 8.10.2013:

Musizieren, um zu überleben

25 Jahre nach der Uraufführung führt das Ensemble 9. November in Frankfurt zum 50. Mal die ‚Szenen eines Kulturvolkes“ über das Mädchenorchester in Auschwitz auf.

Von Marie-Sophie Adeoso

Sie laufen im Kreis, im Gleichschritt, starr. Sie rufen: „Schuhe. Kopftuch. Kleid. Stern.“ Sie raunen zischend vom Zyklon B. und dem „Geruch verbrannter Menschenleiber“. Chorisch erzählen sie vom Reinigen der Latrinen, vom Ertrinken in Kot und Schlamm und fragen dann: „Wer singt die Madame Butterfly?“ Die acht Frauen, Schwarz in Schwarz, die über das nackte Bühnenpodest in der Naxoshalle laufen und ihre Stimmen in den hallenden. Raum werfen, sind Teil des Mädchenorchesters von Auschwitz, oder besser: sie nähern sich ihm darstellerisch an, jenem Ensemble, das 1943 auf Befehl der SS im Vernichtungslager gegründet wurde. Sie schieben „eine Scheibe Musik zwischen zwei Scheiben Elend“. Spielen „die Lieblingsmusik der SS“‚ Schuberts Träumerei, Wiener Walzer, Puccini und, welch Ironie, Mendelssohn-Bartholdy. Spielen an gegen den Tod, „wenn wir überleben wollen, müssen wir eben gut spielen.“ Ja, Helen Körte hat es erneut getan. Nach 25 Jahren und diversen Wiederaufnahmen bringt sie mit ihrem „Ensemble 9. November“ abermals ihr szenisches Oratorium über das Mädchenorchester in Auschwitz auf die Bühne, weil viele Menschen sie seit der letzten Inszenierung 2008 darum gebeten hätten, sagt Körte, die mit ihrem Lebensund Theaterpartner Wilfried Fiebig sonst auch farbenfroh-buntpoetische Bühnen-Gesamtkunstwerke zu schaffen vermag, und deren Ensemble-Name doch stets an den Ernst ihres Anfangs in Frankfurt gemahnt, an die „Szenen eines Kulturvolkes“. Damals wie heute geht es Körte darum, semi-dokumentarisch die „organisatorische Kulturleistung des Tötens“ und den Prozess der Selektion zu beleuchten. Den bitteren Kontrast zwischen Kunstsinnigkeit und Massenmord, zwischen Sonntagskonzerten, bei denen Josef Mengele, der sonst sadistische Menschen-Experimente durchführte und Menschen ins Gas schickte, nach Schuberts „Träumerei“ verlangte oder SSLeute sich mit ihren Familien beim Walzer-Tanzen vergnügten. „Himmler versteht was von Musik, er spielt selber Klavier.“
„Wunderschöne Musik und Grausamkeiten, Kultur und Barbarei stehen Seite an Seite“, sagt Körte über ihre szenische Collage. Diese Kontraste bringt sie „wie eine Partitur“, als nach 25 Jahren nahezu unverändertes „Wechselspiel von Sprache und Musik“ auf die Bühne. Die acht Schauspielerinnen, von denen nur eine aus der Erstbesetzung übrig geblieben ist, stehen auf ihrem quadratischen Podest einem separat platzierten Orchester gegenüber, elf Musiker des Frankfurter Philharmonischen Vereins unter Leitung von Armin Rothermel sowie Sopranistin Monika Ries. Sie spielen jene Musikstücke, die Frauen wie Esther Bejarano, Fania Fenelon und Anita Lasker-Wallfisch spielen mussten, um leben zu können. Fröhliche Stücke, leise Stücke, kitschige Stücke. Musik, die sich in all ihrer Emotionalität mit der strengen Schauspielchoreografie verzahnt, die Körte ihr gegenüberstellt „Ich bestehe darauf, dass man nicht zu imitieren versucht, was man gar nicht imitieren kann“, sagt Körte über das zurückgenommene und doch so eindringliche Spiel ihrer Schauspielerinnen. Völlig entindividualisiert drehen diese ihre Kreise auf dem Podest, ' stehen, sitzen, liegen, schreien, flüstern‚ schweigen. Sie benennen das Grauen und schweigen es aus, sie distanzieren sich und legen doch den Finger in die Wunde, sie sprechen von Modetrends in Paris und von Vergasungen. Und in allem, was sie, die Opfer, sagen, schwingt die nicht gezeigte Täter-Seite mit. Die Zuschauer sind „dicht dran am Geschehen, sie können nicht fliehen“, sagt Körte und weist auf die rings um die Podeste platzierten Stuhlreihen. In der Industriekulisse der Naxoshalle, in deren Weitläufigkeit es einen ohnehin fröstelt‚ sind sie konfrontiert mit der Struktur der Vernichtung, die daran erinnert, „es könnte auch heute so passieren“. Mit den „Szenen eines Kulturvolkes“ hat das Ensemble 9. November über die Jahre in zahlreichen Städten gespielt, vor Politikern und Schulklassen. Der Dichter Erich Fried bezeichnete die Dramatisierung der Geschichte des Mädchenorchesters „als kulturelle, kulturgeschichtliche und geschichtliche Notwendigkeit“. Helen Körte hat sich dieser Notwendigkeit ein weiteres Mal gestellt. Doch nach 25 Jahren und 50 Aufführungen sagt sie auch: „Ich schließe das hier ab.“

FAZ Nr. 236 11. Oktober 2013-10-12:

Himmler hat zynisch gelächelt

Ein „Oratorium“ über das Mädchenorchester Auschwitz

Kultur schützt vor dem Bösen nicht. Das hat die Welt bitter erfahren müssen, als ausgerechnet die Kulturnation Deutschland mit dem Morden im Holocaust die schlimmste Barbarei praktizierte. Der Tod, so hat Paul Celan einst gedichtet, ist ein „Meister aus Deutschland“. Gern hat er Walzer getanzt und Puccini gehört. Zum eigenen Vergnügen und zur Täuschung der todgeweihten Häftlinge ließ die SS in den Konzentrationslagern Orchester aufspielen, in Auschwitz sogar ein Frauenorchester. ln „Szenen eines Kulturvolkes“ hat die Regisseurin Helen Körte dieser Obszönität einen theatralisch gültigen Ausdruck gegeben. Entstanden ist ihr „Szenisches Oratorium“ über das Mädchenorchester in Auschwitz 1988 anlässlich des 50. Jahrestags der Pogromnacht von 1938, nun hat sie das Stück noch einmal mit ihrem Ensemble 9. November einstudiert und führt es in der Naxoshalle des Theaters Willy Praml und im Dezember im Gallus-Theater auf. Auf der einen Seite der Halle sitzt ein Orchester, das die Lieblingstitel der KZ Aufseher spielt — von Schumann über Mendelssohn Bartholdy bis zum Hit „lch tanze mit dir in den Himmel hinein“ aus dem Film „Sieben Ohrfeigen“, mit dem der unpolitische, aber angepasste Willy Fritsch sich 1937 in die Herzen der Volksgenossen schmeichelte. ln Körtes Inszenierung gibt die Mezzosopranistin Monika Ries diesem Lied sowie Arien aus „Madame Butterfly“ Stimme und Anmut, begleitet von zehn Musikern. Auf der anderen Seite des Fabrikraums formieren sich auf einer zweiten Plattform acht anonyme weibliche Häftlinge. Sie sprechen im Chor oder einzeln dokumentarische oder fiktive Sätze über das Vernichtungslager. „Die, die kleiner sind als 1,56 Meter, werden automatisch umgebracht.“ Oder: „Nach dem Einwerfen von Zyklon B gehen sie ins Kasino und klimpern auf dem Klavier.“ Ihre Dirigentin hat Angst, dass die Musikerinnen einen Fehler beim Spielen machen, wenn Himmler kommt. Diese Dirigentin, so mutmaßt der Chor der Frauen, soll mit Gustav Mahler verwandt sein. Tatsächlich hat eine Nichte des großen Komponisten und Dirigenten, Alma Rose, zeitweise das Frauenorchester von Auschwitz geleitet. Die Regisseurin Körte hat also nichts erfunden: Selbst die größte Ungeheuerlichkeit, welche die Frauen erzählen — etwa, dass die Bestie Josef Mengele immer einen blütenreinen weißen Arztkittel getragen hat und jede Hautunreinheit bei den Frauen verabscheute —, entspricht der bösen Realität. „Kann Puccini uns das Leben retten?“, fragen die Musikerinnen. Ja, die Musik hat einzelne Frauen tatsächlich gerettet, Anita Lasker-Wallfisch etwa, die Cellistin, die später eine wichtige Zeugin geworden ist. Soll man von einem Wunder sprechen oder von grauenhaftem Zynismus? Dem Reichsführer SS scheinen die Melodien des Mädchenorchesters jedenfalls gefallen zu haben, Himmler habe gelächelt‚ berichtet der Chor der Frauen, der immer neue Formationen bildet und wie der Chor in der griechischen Tragödie die unaussprechlichen Angste und Geheimnisse der Protagonisten benennt. Es bestürzt einen immer noch, sich eingestehen zu müssen, dass all die schönen Melodien von Beethoven und Strauß und all den anderen Komponistengrößen, die unser Herz so sehr erfreuen, auch den Ohren der Mörder geschmeichelt haben. Der Schock, den Körtes Gegenüberstellung von Schönheit und Grausamkeit auslöst, ist weiter heilsam.

HANS RIEBSAMEN

Frankfurter Rundschau vom 11.10.2013:

Mit Musik geht alles besser

25 Jahre „Szenen eines Kulturvolks“

Von Bernhard Uske

Im Foyer ein Buffet und das Publikum mit dem obligatorischen Weinglas, später Applaus und dazwischen eine 75-minütige Aufführung: „Szenen eines Kulturvolks“. Gegeben werden Worte und Klänge um das Mädchenorchester von Auschwitz, das sich die Lagerleitung dort hielt. Kraft durch Freude an Musik — die älteste und nachhaltigste Funktion des klingenden Mediums in seiner modernen, quasitherapeutischen Bestimmung für Täter und Opfer gleichermaßen. Vor 25 Jahren hatte das Frankfurter Ensemble 9. November seinem Werk über das Mädchenorchester in Auschwitz den Titel „Szenen eines Kulturvolkes“ gegeben und es jetzt, ein Vierteljahrhundert später, noch einmal auf seinen Spielplan gesetzt. Zwei quadratische Podeste nebeneinander platziert als der musikalische und der reale Schauplatz: das Orchester spielt Puccini, Walzer, Mendelssohn auf der einen und der Horror der Schikanen und todbringenden Effizienz- und Forschungsintentionen eines Mengele oder Heinrich Himmler auf der anderen Seite in Gestalt der personifizierten Orchestermitglieder. Eine manchen Gedankengang öffnende Inszenierung des Widerspruchs, in dem sich die acht musizierenden jungen Frauen bewegen müssen — ganz ohne Leidens- und Opferhabitus (Regie/ Dramaturgie: Helen Körte). Kunst als integraler Faktor eines jeden, auch mörderischen Betriebs — als Unterhaltung, die die Betriebs-Kultur eines KZs offensichtlich nicht ausschließt. Mit Musik geht alles besser — das ist eine Botschaft, die Kaufhaus, Kneipe und Maloche bis zum — nun ja — KZ umfasst. Stand hier statt Kultur nicht eher die Kunst und im Speziellen die Musik mit ihren unbestimmten, aber affektiv so sicheren Nährwerten zur Diskussion? Als ein Medium, das gleicherweise Opfer wie Täter anspricht? In der ungemütlichen Fabrikationshalle der ehemaligen Naxos-Union, wo vormals der Schweiß der Maloche floss und heute Theater gespielt wird, bringt die Kunst immer Stimmung und Farbe in die Tristesse. Gut differenziert in der Artikulation spielte das achtköpfige Instrumentalisten-Ensemble unter Leitung von Armin Rothermel, sang Monika Ries mit ihrem homogenen und intonationssicheren Mezzosopran. Trefflich agierten die acht Schauspielerinnen allein und als Bewegungs- und Sprechchor mit manch lautgestischem und perkussivem Aplomb des Aufstampfens und Schreiens. Sehr schön die Schlaf-Traum-Szene mit ihren harmonisch vagierenden, gesummten Akkordflächen. Szenen der Kunst: mit ihnen erhält auch das Grauen seinen Reiz.

Frankfurter Neue Presse, 14.10.2013:

Ein moralischer Riss geht durchs Weltgebäude

In Frankfurts Naxos-Halle erzählte Helen Körte in „Szenen eines Kulturvolkes“ vorn Mädchenorchester von Auschwitz.

Von Marcus Hladek

Da hat man sich an eine Regieformel des „Ensemble 9‚ November“ um Helen Körte und Wilfried Fiebig gewöhnt und wähnt, nur in Maßen noch überrascht werden zu können. Erlebt dann aber genau das: keine Neuinszenierung, nein, eine Wiederaufnahme reißt den Beobachterschnösel vom Hocker Wie konnte das geschehen? Körtes „Szenen“, 1988 aus Anlass jener Reichspogrom- und Kristallnacht uraufgefiihn, die dem „E9N“ wie mit dem Brandeisen den Unheils-Namen gab, sind stofflich wie formal anders als das meiste, was nachkam: noch ernster, noch existenzieller. Zeugen jüngere „E9N“-Produktionen von glühender Liebe zur großen, oft modernen Literatur und zum Film, so machten diese „Szenen“ des Todes den Weg zur Kunst des Lebens erst frei, indem sie sich mit unterströmigen Nachwirkungen der Realitat der Todeslager stellten und nun wieder stellen: dem Leid der Opfer, den hartherzigen Tätern, dem moralischen Riss durchs Weltgebäude Suchen spätere Bühnenstücke sinnlich mitreißend, in voller intellektueller Verspieltheit, ihre Ausdrucksformen bei einer Musikpraxis, welche die paradiesische Buntheit des Bühnengeschehens frei dupliziert oder lustvoll konterkariert, ohne das Sinnlich-Frivole zu scheuen, so zwang sich die Musik der „Szenen eines Kulturvolkes“ thematisch auf. Die acht Figuren auf dem erhobenen Karree zur einen Seite (gegenüber sitzen die Musiker und die Sängerin Monika Ries, längsseits das Publikum) sind Frauen in schwarzen Kleidungsstücken. Ihr Chor-Sein im Bühnen-Lager spiegelt die Gewalt, die ihre Vorbilder der Persönlichkeit und Würde beraubte: sie aushungerte bis zur Geschlechtslosigkeit, ihnen den Marschtritt der Täter aufnötigte, sie willkürlich in den Tod schickte. Nichts kann verhindem, dass Raija Siikavirta, Birgit Heuser, Marlene Zimmer, Dzuna Kalnina und die andern ihnen vom Bewegungsrepertoire bis zu den Texten Restspuren weiblicher Koketterie, des Zusammenhalts, individueller Entscheidungsfreiheit, kurz: die abgesprochene Würde wiedergeben. So harsch die Kontraste zwischen der schmerzlichen Schönheit der Musik und der Staatsbarbarei der „kulturliebenden“ NS-Mensch- und Gottesmörder zutage treten, bewahrt der heimliche Trotz der Form gegen das hasserfiillte innere Chaos einer Ideologie dennoch den glimmenden Funken der Menschlichkeit. Wunderbares Theater!

   

Städtepartnerschaft:
Guangzhou (China)
Frankfurt am Main

粉墨
GESCHMINKTER AUFTRITT
AUSSTELLUNG





AUSSTELLUNG
4.- 24.
November 2013







Im Rahmen des 25jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft zwischen der Stadt Frankfurt am Main und der chinesischen Stadt Guangzhou findet ein kulturelles Austauschprojekt statt, bei dem Werke des Frankfurter Künstlers Dr. Wilfried Fiebig unter dem Titel:
„METAMORPHOSEN DER KUNST
Skulptur+Malerei+Design+Schmuck+Theater =1“
vom 3. Dezember 2013 bis 25. Dezember 2013 im „University City Art Museum of Guangzhou Academy of Fine Arts“ präsentiert werden.
Im Austausch stellen zwei Künstler,

蔣悅
Yue Jiang
und
左正堯
Zhengyao Zuo

aus Guangzhou, ab November 2013 für drei Wochen in der Galerie des GALLUS THEATER in Frankfurt am Main ihre Werke aus.

Die Ausstellung steht unter dem Titel:
„GESCHMINKTER AUFTRITT“.
Beide Künstler sind, auch als Museumsdirektoren, im öffentlichen Vermitteln von Kunst tätig.

Aus der klassischen Tuschemalerei kommend, findet der Künstler Yue Jiang spielerisch, mit Humor erzählend, zu einer bezaubernden Linie; so zeigt sich auf Briefumschlägen, Lohnabrechnungen, Stempeldrucken, Briefmarken und in der komponierenden Zeichnung des Künstlers eine Vielfalt von Materialien und Motiven.

Der Künstler Zhengyao Zuo beschäftigt sich - neben der Porzellanherstellung - in seinen malerischen Arbeiten (Tinte auf Reispapier) sowohl mit Darstellungen der Natur als auch der von Menschen. Diese werden dabei seriell in Blöcken gezeigt.

Eröffnet wird die Ausstellung am 04. November um 20:00 Uhr von Herrn Prof. Dr. Felix Semmelroth, Dezernent für Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt am Main.

Nähere Informationen hierzu erhalten Sie beim Gallustheater,
Tel. Nr. 069 758060-0.

Beide Ausstellungen werden von der CHINA GALLERY kuratiert.
Die Ausstellung „METAMORPHOSEN DER KUNST Skulptur+Malerei+Design+Schmuck+Theater =1“ steht zugleich im Kontext eines Projekts des Theater - „Ensemble 9. November“ unter dem Titel:
„Theater+ Kunst / Kunst+Theater“,
das deutlich macht, wie Bildende Kunst kreativ in Theater-Kunst interveniert. Hierzu ist zu einem späteren Zeitpunkt die Präsentation des theatralischen Gesamtkunstwerks : “La Strada“ des „Ensemble 9. November“ in Guangzhou geplant.

Unterstützt wird das Austauschprojekt vom „Referat für Internationale Angelegenheiten der Stadt Frankfurt am Main“ sowie dem „Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main“.


Eröffnet wird die Ausstellung
am 04. November um 20:00 Uhr
von Herrn Prof. Dr. Felix Semmelroth,
Dezernent für Kultur und Wissenschaft
der Stadt Frankfurt am Main.
Ein Vertreter des Generalkonsulats der
VR China wird die Gäste der
Ausstellungseröffnung begrüßen.

Musikalische Darbietung:
Gabriele Zimmermann (Mezzosopran)
Bastian Fiebig (Saxophon)


Gallus Theater
Kleyerstraße 15
60326 Frankfurt
http://www.gallustheater.de
Tel.: 069 75 80 60 20

   
   
Helen Körte
Regie, Konzeption, Dramaturgie,
Text, Choreographisches Spiel

Dr. Wilfried Fiebig
Konzeption, Dramaturgie, Text

SCHAUSPIEL:
Fernando Fernandez
Willi Forwick
Simone Greis
Dzuna Kalnina
Janine Karthaus
Margie King
Ruth Klapperich
Christian Lehmann-Carrasco
Hanna Linde
Damaso Mendez
Susanne Schyns
Raija Siikavirta
Verena Specht-Ronique
Mirjam Tertilt
Claudio Vilardo
(Kinder der Tanzwerkstatt):
Daniele Brizzi, Ethan Fortunato,
Emma Masters, Annemike Plößer

KOMPOSITION:
Bastian Fiebig (Saxophon)
Uwe Kremp (Piano)
Martin Lejeune (Saiteninstrumente)
Elvira Plenar (Piano)

MUSIK:
Felix Borel (Violine)
Jens Hunstein (Blasinstrumente)
Ina Kleine-Wiskott (Violine)
Martin Standke (Schlagzeug)
Timothy Roth (Kontrabass)
Dzuna Kalnina (Alt)
Christoph Kögel (Bariton)
Monika Ries (Mezzosopran)
Antje Rux (Sopran)
Gabriele Zimmermann (Mezzosopran)
BILDENDE KUNST:
Magarete Berghoff (Kostüme)
Wilfried Fiebig (Bühne, Objekte, Kostüme)
Pauline Plenar (Kostüme)

VISUELLE GESTALTUNG:
Tanja Herzen (Animation)
Jörg Langhorst (Film, Projektion, Grafik)
Sabine Lippert (Fotografie)
Irene von Mehring (Projektionen)

TECHNIK:
Johannes Schmidt (Licht, Technik)
Zoltan Suhajda (Technische Assistenz)

Assistenz:
Mikael G. B. Horstmann

ERÖFFNUNG:
Mittwoch,13. März 2013

25 Jahre Ensemble 9. November
Theater – Festival der Künste




Die Obdachlosigkeit der Fische



Stadt 2000 - 2000 und eine Stadt



Nach Moskau, Teufel noch eins!



Tanz der Heuschrecken



Frau im Mond



La Strada 2012

Fotos: Sabine Lippert

Gallus Theater
Tel. Reservierungen
069 75 80 60 20
Kleyerstraße 15
60326 Frankfurt
http://www.gallustheater.de



FESTIVALPROGRAMM
„BEST OF“ - Eine Retrospektive




LEITUNG: Helen Körte, Wilfried Fiebig

ERSTE FESTIVALWOCHE:

ERÖFFNUNG

13. März 2013
15. März 2013
16. März 2013
20.00 Uhr, Gallus Theater

Szenen aus „Die Obdachlosigkeit der Fische“
Nach Texten von Wilhelm Genazino.
Szenen aus „Stadt 2000-2000 und eine Stadt“
Ein musik-theatralischer Bildersturm, ein Stadtepos.

ZWEITE FESTIVALWOCHE:

21. März 2013
22, März 2013
23. März 2013
20.00 Uhr, Gallus Theater

Szenen aus „Frau im Mond und andere Liebhaber“
Nach Erzählungen von Ilse Aichinger,
Karen Duve,
Ingeborg Bachmann und
Christa Reinig.
Szenen aus:
„Tanz der Heuschrecken oder
Die geheimen Gedanken der Manager“

Nach dem Roman von Laurent Quintreau.
Szenen aus „Nach Moskau, Teufel noch Eins!“
Nach dem Roman „Der Meister und Margarita“
von Michail Bulgakow

DRITTE FESTIVALWOCHE:

18. April 2013
19. April 2013
20. April 2013
20.00 Uhr, Gallus Theater

wegen großer Nachfrage:
„LA STRADA 2012“
Nach Federico Fellini.



La Strada 2012


Pressestimmen:

Frankfurter Neue Presse, 15.3.2013

Theater gegen den Stumpfsinn

Das „Ensemble 9. November" feiert 25-jähriges Bestehen. Mit Festreden und zwei Stück-auszügen begann im Gallus-Theater Frankfurt sein „Festival der Künste". Wieder einmal waren Foyer und Kassenecke zum Bersten gefüllt, auch und gerade von Künstlern und Freunden des „E9N", dazu Stadtpolitiker und Publikum. Michael Weber vom "Theater Willy Praml" gratulierte Helen Körte, die mit Wilfried Fiebig das Führungs-duo des Ensembles bildet, stilbewusst mit Handkuss, es gab Umarmungen und Küsschen, und natürlich bewegte sich Fiebig in dem Kostüm durchs Publikum, das er später, in Auszügen aus dem Stück „Stadt 2000 — 2000 und eine Stadt", auch auf der Bühne tragen würde. Die fröhlich-gehobene Stimmung setzte sich im Saal fort. Festreden können ein zwiespältiges Vergnügen sein, doch konnte man den kurzen Ansprachen von Theaterchef Winnie Becker, Kulturdezernent Felix Semmelroth sowie Körte und Fiebig allerlei Details zur Geschichte der Gruppe abgewinnen. Nicht jeder mochte wissen, dass sich der Name der Theatergruppe vom NS-Pogrom der „Reichskristallnacht" am 9. November 1938 ableitet, einem, so Semmelroth, Zivilisationsbruch, dem die europäischen Gesamtkunstwerker des „E9N" von jeher ihr Bekenntnis gegen den Stumpfsinn entgegensetzen: ein Bühnen-Credo der Musen, des Ästhetischen, des Denkens, der Sinnlichkeit und Toleranz. Dass das „E9N" neben zwei oder drei weiteren Gruppen zur Spitze freien Theaters in Frankfurt zählt, braucht kaum wiederholt zu werden. Davon überzeugte auch „Die Obdachlosigkeit der Fische" nach dem Buch Wilhelm Genazinos, ein Bühnenstück, das so sprachsensibel wie wirkungsvoll die vibrierenden Unsinns-Sentenzen des Schriftstellers und seine skurrilen Alltagsbeobachtungen in Theaterbildern entfaltete oder gar überbot. Wer sonst als Körte/Fiebigs „E9N"-Projekt mit seinen langjährigen Mitarbeitern käme in allem Fantasiespiel auf die Idee, Darsteller als singende und tanzende Telefonbücher und Watt-würmer vom Fischmarkt zu kostümieren? Wer besäße dabei eine solche Unverwechselbarkeit des Stils, gerade auch im Einsatz immer neuer Klangsprachen, wie sie hier Martin Lejeunes Fusion- und Funk-Jazz vorführte? In „Stadt 2000" setzte sich das ebenso bildhaft und bewegt, quirlig, bunt und sinnlich-klug fort. Wenn es eine Gruppe in Frankfurt gibt, die mit schier schamloser Freude auf der Bühne öffentlich denkt und Denken anregt, ist es das „Ensemble 9. November". Sein Festival erstreckt sich bis zum 20. April. dek


Frankfurter Rundschau, 15.3.2013

25 Jahre Kunst und Realität
Frankfurts Ensemble 9. November feiert
Von Judith von Sternburg

Die „Obdachlosigkeit der Fische nach dem Hörspiel von Wilhelm Genazino, gehört zum schönsten, ist vielleicht das schönste Stück, das das Frankfurter Ensemble 9. November entwi-ckelt hat. Genazinos typischer Genazino-Text erzählt vom festen Willen zur Unauffälligkeit bei zugleich intensiver und nicht direkt uneitler Selbst- und Umgebungsbeobachtung. Helen Körte, Wilfried Fiebig und Martin Lejeune verwandelten das mit Schauspielern, Tänzern, einer Sängerin und einer Musikcombo 2006 in eine verblüffende Bilder- und Klangwelt, die Gena-zinos Fantasien mit Ironie und Humor nach außen kehrt (und den Schriftsteller damit zum Ver-wandten Woody Allens macht). Das führt etwa zur schwer zu vergessenden Begegnung zweier hier gewaltig ausgerüsteter Steinwidder im öffentlichen Stadtraum. Effektvoller hätte das Best-of-„Festival der Künste” also nicht beginnen können, mit dem das Ensemble — eigentlich: das Konzept-, Regie-, Ausstattungs-Duo Körte/Fiebig — an drei Wochenenden 25 Jahre Arbeit groß feiert. Direkt gefolgt zudem von „Stadt 2000", einem personalintensiven Spiel im und auf dem rollenden Riesenrhönrad Fiebig'scher Art. Während alles herrlich läuft, sieht man Fiebig, der mithilft, das Rad in Position zu halten, und sieht, dass er glücklich ist. Lob vorher vom Frankfurter Kulturdezernenten Felix Semmelroth (CDU) für ein „Gesamtkunstwerk" — „Kein Genre bleibt für Sie außerhalb der Wahrnehmung" —, das Kunst und Realität strikt voneinander zu trennen wisse und doch zugleich empfindlich auf die Gegenwart und Veränderungen in der Gegenwart reagiere. Latent, so Semmelroth lächelnd, sei die Ästhetik des Ensembles 9. Novem-ber vielleicht gar von der romantischen Kunst mitgeprägt. Denn ein solcher Zusammenhang ist Pflicht in Frankfurt, während der Kampf für ein hiesiges Romantikmuseum noch lange nicht aufgegeben ist. Ein Kampf, der in diesen Tagen nur leicht verdeckt, dass auch die Zukunft des Konzepts der Freien-Szene-Finanzierung offen ist. Gallus-Theater-Leiter Winfried Becker wiederholte mantraförmig, dass allein die verlässliche institutionelle Förderung des Ensembles dem Haus, dem es seit 15 Jahren verbunden ist, sowie der Truppe selbst die Möglichkeit gebe, so aufwendige Projekte umzusetzen. Jene institutionelle Förderung, die in Frankfurt derzeit (und zuletzt durch einen schwarz-grünen Antrag im Kulturausschuss) in Frage gestellt wird.

   

WIEDERAUFNAHME:
Donnerstag, 18. April 2013

LA STRADA 2012
Musiktheater
nach Federico Fellini





Fotos: Sabine Lippert

PREMIERE:


Donnerstag, 1. März, 20:00 Uhr

WEITERE
AUFFÜHRUNGEN:


März 2012

Freitag, 2. März, 20:00 Uhr
Samstag, 3. März, 20:00 Uhr
Sonntag, 4. März, 20:00 Uhr
Donnerstag, 15. März, 20:00 Uhr
Freitag, 16. März, 20:00 Uhr
Samstag, 17. März, 20:00 Uhr
Freitag, 27. April, 20:00 Uhr
Samstag, 28. April, 20:00 Uhr

WIEDERAUFNAHME:


April 2013

Donnerstag, 18. April, 20:00 Uhr
Freitag, 19. April, 20:00 Uhr
Samstag, 20. April, 20:00 Uhr

Gallus Theater
Tel. Reservierungen
069 75 80 60 20
Kleyerstraße 15
60326 Frankfurt
http://www.gallustheater.de





Fotos: Sabine Lippert


Das Lied der Straße ist eine musik-theatralische Dramatisierung
nach Motiven aus dem Film: „La Strada“ nach Fellini. Die Straße, die Landschaft, das Meer, der Abfall, der Hunger. Ein Mädchen wird verkauft, zur Linderung der Hungersnot. Wir führen die Geschichte ins Heutige, verschärfen den Blick ins Aktuelle des sozialen Nomadentums. „Nomadismus“, dieser provozierende Kern innerer Isolation. Wir bringen diese Thematik in einer interdisziplinären, hoch poetischen, dennoch schonungslosen Kunstform. Fellinis Figuren sind moderne Klassiker unserer Zeit, aktueller denn je. „Es gibt mehr Zampanos in dieser Welt als Fahrraddiebe“. Engel, Hochzeiten, kasteiende Prozessionen, das Zirkusleben, die Liebe und der Tod, sind sie doch die ewig wichtigen und immer wieder kreisenden Vorbilder in der Literatur. Mit den Waffen, des Humors, mit Wehmut und Abenteuer vertreten die einzelnen Figuren ihre Zerrissenheit , ihre Freiheit, ihre Naivität, sodass sie eine betörende Verbindung mit dem Publikum eingehen. Durch die Gleichwertigkeit aller Künste, die das E9N Theater einsetzt, wollen wir in „La Strada 2012“ daran erinnern, dass „die Strasse“ überall zu finden ist, häufig sogar in uns selbst. In einer Sprache voller Bilder, Töne, Klänge, Choreographien, kreieren wir eine Partitur der Sinne, für alle, die sehen und hören wollen. Die Pianistin Elvira Plenar (Jazz-Preisträgerin des Landes Hessen), Komponistin und musizierende Teilnehmerin am Projekt, spielt - auch mit den „Innereien“ des Flügels - eigens für das Projekt entwickelte Musik, die sich in der Nähe zu Jazz-Klezmer, Klassik und Neuer Musik bewegt. Unterstützt wird sie von Ina Kleine-Wiskott (Violine) und Jens Hunstein, der eine Vielzahl von Instrumenten wie Saxophon, Flöte, Tuba, Klarinette, Akkordeon und weitere bedient. Multitalentierte Schauspieler/innen, ein Breakdancer, eine Sängerin, beleben das Projekt mit Spiel, Tanz, Gesang und Akrobatik. Choreographische Bildkonstruktionen verbinden das Spiel mit einer dynamischen Bühne, sowie einem filmischen Medieneinsatz.


REGIE, DRAMATURGIE:
Helen Körte
MUSIK UND KOMPOSITION:
Elvira Plenar
BÜHNE:
Wilfried Fiebig


DARSTELLERINNEN und DARSTELLER:
Dzuna Kalnina
Hanna Linde
Raija Siikavirta
Claudio Vilardo
Damaso Mendez: Tänzer
(FILM:)
Wilfried Fiebig
Ruth Klapperich
Raija Siikavirta
Claudio Vilardo
Die Kinder: Anna Katharina Bach
Hanna Brugger
Annemike Plößer
Brenda Puttini

Musik:
Jens Hunstein: Klarinette, Tuba, Flöte, Akkordeon und weitere
Ina Kleine-Wiskott: Violine
Elvira Plenar: Piano
Dzuna Kalnina: Gesang

Choreographie:
Damaso Mendez.

Kostüme:
Pauline Plenar
Wilfried Fiebig.

PROJEKTIONEN und FILM:
Jörg Langhorst

SPONSOREN:
Dr. Bodo Sponholz Stiftung
FAZIT (Faz Stiftung)

UNTERSTÜTZUNG DURCH:
Kulturamt Frankfurt
RMD Rhein-Main Deponie GmbH
Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main


Pressestimmen:

Ein Zampano schlägt sich durchs Leben

Helen Körte schuf eine bezaubernde Bühnenfassung zu Fellinis Filmklassiker "La strada". Premiere war im Gallus-Theater Frankfurt.Jeder weiß vom "großen Zampano". Wem der Sinn für Filmkunst nicht ganz abgeht, dem fallen zu "La strada" spontan auch das clownesk-tragische Lächeln Giulietta Masinas als Gelsomina und die männliche Präsenz, die brüchige Grobheit und der gequälte Blick Anthony Quinns als Schausteller Zampano ein. Mit seiner Kraftnummer schlagen sich beide durchs Leben, nachdem er Gelsomina der hungernden Familie abgekauft hat. Das Bühnenteam Helen Körte (Regie, Dramaturgie) und Wilfried Fiebig (Bühne, Kostüme, Objekte) hat es häufiger mit Klassikern und der Avantgarde aus Literatur und Bühne zu tun, und doch ist dies weltberühmte Werk von 1954 eine perfekte Vorlage für ihr "Ensemble 9. November". Letzteres zeichnet sich wie stets durch eine hochintelligente, leichtfüßig-dichte musikalische Ko-Schöpfung aus. Fiebigs Findungen (ein großes breites Rad mit Segmenten ersetzt den Wagen, Gestelle mit viel Plexiglas die Hochzeitstafel, der Carabiniere ist kubistisch auf Formen und Farben dekonstruiert) verbinden sich perfekt mit Körtes traumartig-nichtlinearer Imagination.Mit Raija Siikavirta hat Körte die ideale Besetzung in roter Strumpfhose, kurzem Flickentaschenrock und gestreiftem T-Shirt gefunden. Da italienische Stoffe auf deutschen Bühnen oft schon sprachlich bedingt verunglücken, sei betont, wie zwanglos Siikavirta und ihr sehr guter Zampano Claudio Vilardo (schwarzes Leder, Nieten, protzige Basketballstiefel) dies mittels italienischer Sprachbrocken in perfekter Aussprache und ihres greifbaren Bezugs auf eine Internationale der Theater-Vaganten umgehen. Schön auch Hanna Linde als Akrobatikclown Matto und Hure, die Sängerin Dzuna Kalnina als Fee und Zirkusdirektor und Damaso Mendez als Pantomime. Da non perdere – Nicht verpassen!

- dek
(Frankfurter Neue Presse 03/03/2011)


Eine kulinarische Theaterfeier

„La Strada“ mit dem Ensemble 9. November
Von Stefan Michalzik

Helen Körtes Inszenierung „La Strada 2012“ mit dem Ensemble 9. nach Federico Fellinis Filmklassiker von 1954 wartet mit einem zentralen Darstellerpaar auf — Raija Siikavirta und Claudio Vilardo, die Fellinis Schauspielerin Giuletta Masina und Anthony Quinn in einer bilderbuchhaften Weise optisch entsprechen. Und die Filmszene, mit der dieser Abend im Frankfurter Gallus-Theater beginnt, ist geeignet, Assotiationen zur Bildästhetik des neorealistischen Films zu wecken. In einer kargen Landschaft - es handelt sich um eine Müllhalde - wird der Handel geschlossen, nach dem das Mädchen Gelsomina in den Besitz des ungehobelten Schaustellers Zampano übergeht, als Assistentin, als Haus- und Bettgenossin. Die Regisseurin hat im Programmhelt das Ziel formuliert, der Poesie der Filmvorlage nachzuspüren, mit einem verschärften „Blick ins Aktuelle des sozialen Nomadentums“. Eher humorig als scharf mutet indes in der Praxis das gleichnishafte Katz-und- Maus-Spiel zwischen dem Kraftmenschen, der scheinbar nichts von Gefühlen wissen will, und der vorwärtsgeniebenen — und sich gleichwohl selbst behauptenden — Frau an. Das Ensemble 9. November befindet sich im 23. Jahr seines Bestehens in einem Stadium der Selbststilisierung. Von einer „Stradivari-Fiebig“ ist mit Blick auf eine plexigläserne Violine die Rede. Die skulpturalen Objekte von Wilfried Fiebig, dem von der Bildenden Kunst her kommenden Bühnenbildner, beanspruchen in diesem Theaterkosmos seit jeher eine eigene Position. Zampano und Gelsomina reisen mit einer Art Kabelrolle, in deren Achsenkern man den Drehwurm bekommen kann. Das Trio um die Jazzpianistin und Komponistin Elvira Plenar sowie den Klarinettisten, Akkordeonisten und Multiinstrumentalisten Jens Hunstein und Ina Kleine-Wiskott an der Violine spielt eine musikantisch-vitale Theatennusik. Klezmer ist die Grundlage, mit einer Horizonterweiterung bis hin zu einer aus dem Korpus des Klaviers geschöpften Klangmusik. Es handelt sich um Theater nach Art des Hauses Ensemble 9. November: Eine unbeschwerte Szenenrevue, die vor allem eine eingeschworene Fangemeinde zu erfreuen geeignet erscheint. Ein gleichsam kulinarisches Fest für das Theater. Helen Körte und Wilfried Fiebig erfinden sich und ihm charakteristische Bühnenästhetik nicht neu - aber sie verstehen es nach wie vor, das Beste daraus zu schöpfen.
(Frankfurter Rundschau, 05/03/2012)


„La Strada 2012“ Szenen einer verheerten Welt

06.03.2012 · Fast so schön wie bei Fellini: Das Ensemble 9.November zeigt im Frankfurter Gallus-Theater „La Strada 2012“.

Von Hans Riebsamen

Fellini ist im Oktober 1993 gestorben. Seine Frau Giulietta Masina, bekannt geworden als Gelsomina in „La Strada“, jenem Film, der Fellinis Ruhm in den fünfziger Jahren begründete, ist ihm fünf Monate später ins Grab gefolgt. Die Frankfurter Regisseurin Helen Körte hat Fellinis Filmstoff in einem Theaterstück wieder- und Gelsomina von den Toten auferweckt. Ihre wunderbare Hauptdarstellerin Raija Siikavirta erscheint wie eine Reinkarnation Masinas: ein zerzauster, drolliger Clown, ein altersloses Kind, halb lockende Frau, halb folgsames Tier.
In Deutschland lief Fellinis neorealistisches Melodrama, das die traurige Geschichte vom grobschlächtigen Schausteller Zampanò und seinem duldenden Sklavenkind Gelsomina erzählt, unter dem Titel „Das Lied der Straße“. In Körtes Inszenierung „La Strada 2012“ geben der Bläser Jens Hunstein, die Violinistin Ina Kleine-Wiskott und die Pianistin Elvira Plenar der auf der Bühne durch vier parallele Metallplatten angedeuteten Straße ihre ganz eigenen, dem Jazz, der neuen Musik und dem Klezmer entlehnten Töne, die weit entfernt sind von Nino Rotas Filmmusik. Und als die traurige Gelsomina einmal überhaupt nicht mehr weiterweiß, erscheint ihr eine Fee in Gestalt der Sängerin Dzuna Kalnina, die Gelsomina mit dem Lied „Caro mio ben“ für ein paar Minuten in eine schönere Welt entführt.
Es wird bunt und surreal
Musik, Gesang, Tanz, Akrobatik, Spiel, Dialog und Monolog und sogar Film machen aus „La Strada“ ein Gesamtkunstwerk, wie man es von Körte kennt. In dieser Inszenierung kommen die verschiedenen Kunstformen so glücklich zusammen wie lange nicht mehr bei den Produktionen des Ensembles 9.November, das aus Körte und Wilfried Fiebig besteht, der bei den originellen Kostümen und dem extravaganten Bühnenbild mithalf. Das Stück beginnt wie Fellinis Meisterwerk mit bewegten Schwarzweißbildern, gedreht auf einer Müllkippe im Frankfurter Umland, die jene verheerte Welt symbolisiert, in der eine Mutter in ihrer verzweifelten Not ihre Tochter Gelsomina an den reisenden Kraftmenschen Zampanò verkauft.
Danach wird es bunt und manchmal surreal im Gallus-Theater, lustig zudem, wenn Gelsomina als Ente über die Bühne hüpft, traurig auch, wenn Zampanò, treffend kraftmeierisch gespielt von Claudio Vilardo, ins Gefängnis muss und eine verlorene Gelsomina auf ihn wartet, weil sie ohne ihn nicht weiß, wo sie hinsoll. Realismus oder Neorealismus ist nicht Körtes Ziel, auch nicht psychologisches Theater. Die Regisseurin zerlegt Fellinis Roadmovie in 17 pointierte Szenen, die in häufig deutender, manchmal zugespitzter Weise Seelenzustände der beiden wandernden Protagonisten wiedergeben, die auf ihrem Zug übers Land auf andere nomadische Existenzen treffen. Die schweigende Zuneigung, die Gelsomina und Matto, dargestellt von der variablen Hanna Linde, verbindet, führt die beiden unter zwei spitzen Hüten zusammen, die mit einem Band verbunden sind. Mit solchen Bildideen überrascht diese Inszenierung ein ums andere Mal.
Das Stück folgt der Filmhandlung, geht aber über sie hinaus. Mit Damaso Mendez baut Körte einen Tänzer ein, dessen Bewegungseleganz die deprimierende Realität ebenso transzendiert wie die singende Fee. Dann wieder wendet sich das Stück ins Übermütige, auf der Leinwand hinter der Bühne wackeln animierte Schafe durchs Bild. Die Inszenierung wartet mit immer neuen Überraschungen auf und ist so geschickt getaktet, dass man sich nie an einem Bild sattsieht. Fellini und Masina blicken von ihrer Wolke gewiss mit großem Vergnügen auf dieses Stück hinunter.

(Frankfurter Allgemeine Zeitung, Mittwoch, 07. März 2012)


„Eine Fee für Gelsomina“
E9N im Gallus Theater: La strada.

Strandgut 4/2012

Es geht stets um das Ganze, um die Gesamtheit der künstlerischen Ausdrucksweisen, wenn das Ensemble 9. November (E9N) ins Gallus Theater lädt. Gästen des Projekts von Helen Körte und Wilfried Fiebig verheißt dessen Anspruch, alle je möglichen Künste zusammenzubringen, immer wieder Theater-Erleben mit alle Sinnen.Das ist so geglückt wie beglückend und ungemein stimmig auch beim jüngsten E9N-Werk »La strada« der Fall, das dem großen Film von Federico Fellini von 1954 folgt und die zutiefst rührende Geschichte der Gelsomina (Giulietta Massina) nachempfindet, die als Mädchen von der hungernden Mutter an den rüpelhaften Wanderschausteller Zampano (Anthony Quinn) verkauft wird und dann an diesem zugrunde geht, weil der dumpfe Kraftprotz, der davon lebt, auf Marktplätzen mit geblähtem Brustkorb eiserne Ketten zu sprengen, die ihm Ausgelieferte nicht als Mensch und schon gar nicht als Frau wahrzunehmen in der Lage ist. Mit Raija Siikavirta ist die Rolle der an ihren widersprüchlichen Gefühlen verzweifelnden Kindfrau Gelsomina herausragend besetzt, in dem herrlich italienisch radebrechenden Claudio Vilardo als großem Zampano und der den Seiltänzer Matto gebenden Hannah Linde hat sie großartige Partner. Siikavirta ähnelt dem karottenköpfigen Fratz aufs wirr-struppige Haar, ohne ihn aber zu imitieren. Das tut auch die Regisseurin Helen Körte nicht, die »La strada« in einem 17-teiligen Bilderbogen im Stil einer Nummernrevue voller Überraschungen passieren läßt, für den sie Tanz, Gesang und Spiel, aber auch Filme nutzt, selbst gedrehte, animierte und dokumentarische. Körte nimmt sich sogar heraus, eine holde Fee (Dzuna Kalnina), die Gelsomina mit dem Hochzeitslied »Caro mio ben« tröstet, und den Pantomimen Damaso Mendez als Zirkusdirektor einzuführen oder Szenen wie den großen Schmaus der Zirkusleute neu ins Licht zu rücken. Mit jazzigem Klezmer zieht auch die Musik (Elvira Plenar, Jens Hunstein, Ina Kleinert-Wiskott) eigene osteuropäische Bahnen im vertrauten Kosmos von Wilfried Fiebigs phantastischen Bühnenbildern. Schöneres gibt es in Frankfurter Theatern derzeit nicht zu sehen.

(Strandgut 4/2012)